Er hat nicht den Glamour-Status eines Jimi Hendrix oder den Ruhm eines Jimmy Page – doch Ry Cooder gehört auch ohne den ganz großen kommerziellen Erfolg zu den größten Gitarristen aller Zeiten.
Besonders machte ihn in den Jahrzehnten seiner andauernden Karriere eine Vielseitigkeit, die Cooder durch bemerkenswert viele Genres führte. Heute wird der aus Kalifornien stammende Meister des Slide-Gitarrenspiels 75 Jahre alt.
Woody Guthrie als Vorbild
Vier Jahre war Ryland Peter Cooder eigener Aussage zufolge alt, als ihm ein Geiger Anfang der 1950er Jahre seine erste Gitarre schenkte. «Ich glaube, er wusste, dass ich Musik mochte und dass ich gut darin sein würde», erinnerte sich Cooder in seinem vor Jahren erschienenen Buch «The American Spring: What We Talk About When We Talk About Revolution».
Der junge Ry Cooder war vor allem von einem Mann beeindruckt: Woody Guthrie, der die amerikanische Seele mit Folk- und Blues-Takten in Noten und Liedtexte goss, die bis heute nachwirken. Zudem lieferte der Radiosender KXLA aus Pasadena den Sound von Cooders Jugend, das Plattenlabel Folkways die Musik von Pete Seeger. Und der junge Musiker: zupfte immer schneller und immer besser an der Gitarre, dem Banjo und der Mandoline.
Ob als Solo-Künstler, Komponist von Filmmusik oder in Jam-Sessions: Ry Cooder wuchs schnell zu einem der vielseitigsten Gitarristen des Landes heran. Mit Taj Mahal spielte er eine Mischung aus Blues und Country, versuchte sich bei Captain Beefheart und seiner experimentellen Formation The Magic Band und zierte als technisch hervorragender Slide-Gitarrist bald Stücke der Rolling Stones sowie von Van Morrison, Eric Clapton und Randy Newman.
Vielseitiger Künstler
Wenn seine Finger im Rock’n Roll, Blues, Reggae, Jazz, Country, R&B, Gospel, Calypso oder gar hawaiianischer und Tex-Mex-Musik über die Saiten glitten, schien der Charismatiker die Genre-Grenzen nicht nur zu verwischen, sondern außer Kraft zu setzen. Zwischen seiner Filmmusik zu Wim Wenders‘ Film «Paris, Texas» (1984), seinem Soloalbum «Get Rhythm» (1987) und dem Erfolgsalbum «Buena Vista Social Club» (1997), das einer Gruppe kubanischer Musiker zu internationalem Ruhm verhalf, lagen Welten.
In die «Hall of Fame» der Recording Academy wurde Cooder längst aufgenommen. Sowohl «Talking Timbuktu» mit Ali Farka Touré aus Mali als auch die romantischen Klänge mit den Kuba-Stars auf dem Album «Buena Vista Social Club» brachten ihm einen Grammy ein. Trotz der Digitalisierung der Welt – und auch der Musikbranche – liebte Cooder dabei immer das Greifbare – vor allem Schallplatten. Diese seien «Grundpfeiler und Bausteine des Gefühlslebens», sagte er der Recording Academy zufolge. Sie seien wie Magie, denn sie repräsentierten eine «verdichtete, erhöhte Version von Klang».